Debatte: Antifaschismus II (Militanz)

Oftmals in Antifa-Gruppen lang debattiert, jedoch meist ohne jeglichen weiteren politischen Nutzen und fast nie öffentlich: Die Militanzdebatte.

Was ist Militanz?

Militanz ist vielseitig und reicht von der handfesten Konfrontation über künstlerische Wandbilder bis zum Bekanntmachen lokaler Nazikader. Was sämtliche militante Aktionsformen jedoch gemeinsam haben, ist, dass sich meist außerhalb eines rechtlichen Spielrahmens bewegt wird.

Der rechtliche Spielrahmen ist von dem bürgerlich-kapitalistischen Staat vorgegeben. Unser Widerstand gegen die herrschenden kapitalistischen Verhältnisse kann nicht einschließen, uns den Handlungsrahmen von denjenigen diktieren zu lassen, zu denen wir uns gegensätzlich positionieren und die aus antagonistischer Gesetzmäßigkeit entgegen der Interessen aller Erwerbstätigen und der unseren als Antifaschist_Innen handeln. Würden wir uns lediglich in diesem Spielrahmen aufhalten, so würden wir uns den Verhältnissen anpassen, konform gehen und unsere Unversöhnlichkeit mit den Ausbeutungsverhältnissen aufgeben. Die Aktionsformen variieren je nach Handlungsfeld, Notwendigkeit und Nutzen.

Die physische Konfrontation mit Neonazis sehen wir als Notwendigkeit aufgrund des Nutzens, der aus derselben hervorgeht. Es geht darum, FaschistInnen die Bühne zu nehmen, ihnen die Möglichkeit zu nehmen, sich frei zu bewegen und ihre Strukturen aufzubauen. Auf diese Weise werden pogromartige Übergriffe auf Minderheiten nach Möglichkeit verhindert, da der Handlungsrahmen der NazistInnen massiv eingeschränkt wird. Ein organisierter Neonazi belächelt eine „Lichterkette gegen Rechts“. Das Lachen vergeht ihm/ihr aber in dem Moment, in dem er/sie sich mit der Konsequenz seines/ihres Handelns konfrontiert sieht. Da es momentan, entgegen all ihrer Versuche, für FaschistInnen nur bedingt möglich ist, sich in eine Opferrolle zu begeben, wird sich an diesem Handlungsmuster auch so schnell nichts ändern und der Nutzen bleibt ausgeglichen mit der Notwendigkeit.

Jedoch sieht sich militante antifaschistische Praxis auch mit einem anderen Problem konfrontiert, dem Rechtsruck. Die Möglichkeit der Opferrolle bietet sich RechtspopulistInnen im Gegensatz zu Nazis zu genüge. Sie sehen sich bedroht durch „linksextremistischen Terrrorismus“, wenn Einzelpersonen ihre Wut zum Beispiel an Werbematerial der jeweiligen Partei auslassen. Dass diese Parteien indirekt verantwortlich sind für feige Übergriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten (789 Anschläge 2015!) wird oftmals außer Acht gelassen. Die Relativierung solcher Angriffe und die Betitelung dessen als natürliche Reaktion auf die etablierte Politik macht sie zu geistigen BrandstifterInnen. Aufgrund der „demokratischen Legitimation“ derartiger Parteien sind sie bei jeglicher praktischen Kritik bereits in der defensiven Opferrolle. Da die demokratische Legitimation im bürgerlichen Parlamentarismus ihnen eine permanente Bühne bietet, ist es schwierig, diese Bühne anzugreifen und gleichzeitig in einem positiven Licht zu erscheinen. Gedeckt von Meinungsfreiheit ist diese Bühne fast unangreifbar. Rassismus bleibt weiterhin keine Meinung! Daher ist die wahrscheinlich effektivste Alternative zum Rechtsruck, ein inhaltliches Gegengewicht aufzubauen, parallel zu militanter Praxis. Das inhaltliche Gegengewicht beinhaltet Erklärungen militanter Praxis und stabiler gesellschaftlicher Alternativen zu Rassismus, Sexismus und Faschismus, sowie Analysen der eben genannten Unterdrückungsmechanismen.

 

Im fortschrittlichen Kampf gegen Barbarei, Ausbeutung und Faschismus ist jedes Mittel legitim.

Wir lassen uns die Mittel weiterhin nicht diktieren!

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